Betty

Ursprünglich gelernt habe ich mal einen relativ normalen, sogar eher spießigen Beruf, nämlich Bankkauffrau. Doch schon damals war ich oft nur körperlich anwesend, während Schulungen beispielsweise, stand ich in Gedanken im weißen Sand hinter meiner Strandbar, vor mir das weite, blaue Meer in dem die Sonnenstrahlen wie Diamanten funkelten. Und es gab einige Schulungen, daher war es eigentlich nicht zu vermeiden, dass ich nach meiner Ausbildung erstmal wegwollte. Also kündigte ich meinen festen Arbeitsvertrag und machte mich auf nach Australien. Sechs Monate genoss ich das Leben und das Reisen in Down Under in vollen Zügen. Zurück in Deutschland versuchte ich es dann noch mit einem Bürojob, doch auch hier wurde es mir sehr schnell langweilig.

Damals hatte ich zwei Arbeitskolleginnen, die immer wieder sagten: eigentlich muss man doch für sich selbst arbeiten. Die haben recht, dachte ich mir und gründete Kurzerhand, damals noch nicht mal 23 Jahre alt, mein Wäschefachgeschäft Secrets. Frauen beraten, damit sie die richtigen BHs finden, Events planen, auf Messen die neusten Trends shoppen, Blogbeiträge schreiben, die Wäsche schön in Szene setzen, Bademode verkaufen, all das lag mir schon eher und erfüllte mich über zehn Jahre lang. Jeden Tag ging ich motiviert und mit viel Freude in meinen Laden. Zwischendurch bin ich einmal in eine größere Stadt umgezogen, auch hier hatte ich wieder viele neue Herausforderungen. Doch irgendwann kam der Punkt, dass ich keine Lust mehr hatte mich so sehr an feste Öffnungszeiten und an einen festen Ort zu binden. Ich wollte viel freier sein. Ich wollte noch mehr reisen, die Welt entdecken und ständig Neues ausprobieren. In mir wuchs der Gedanke, ich könnte doch mal eine Weltreise machen. Und wenn sich mal ein Gedanke in meinen Kopf geschlichen hat, verschwindet der auch nicht mehr. Jeden Tag meldet er sich lautstark zu Wort: Betty, was ist jetzt mit der Weltreise, wann wollen wir endlich los? Anfangs verhält sich die Stimme noch zögerlich und ruhig, doch mit jedem Tag wird sie lauter, so lange, bis mir klar ist, dass ich sie nicht mehr länger ignorieren kann. Denn wie heißt ein Buddhistisches Sprichwort:

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

Nachdem sich also der Gedanke: "Weltreise" in meinen Kopf schlich, war mein Schicksal besiegelt. Nun musste nur noch der passende Plan her. Und da mein kleiner, treuer Begleiter Jackson natürlich auch mit muss, war klar, dass das ganze Vorhaben auf dem Landweg im eigenen Gefährt stattfindet. Ein Van musste her, am besten ein VW-Bus. Und der Laden? Der wird verkauft. Doch dann kam erstmal Corona. Meinen Laden konnte ich in dieser Zeit nicht verkaufen, das Geld für einen Bus fehlte und meine Pläne waren erstmal in den Hintergrund gerückt. Irgendwie schaffte ich es dann doch meinen Teo zu kaufen, einen gelben T5, Ex-Post-Bus. Überglücklich startete ich sofort mit dem Ausbau.

Doch auch dann kam es nochmal anders als gedacht. Plötzlich war Micha in meinem Leben und schon als wir uns das erste Mal sahen, war mir klar, das passt. Ich wollte ihn jedoch nicht sofort mit meinen Weltreiseplänen überfordern und lies ihm Zeit bis....

...er selbst genau diesen Gedanken hatte. Lange hat es nicht gedauert, drei Monate. Da wir ziemlich gleich ticken und Pläne auch sofort in die Tat umsetzten, vergingen von der Idee bis zum Fahrzeugkauf gerade mal drei Wochen.

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