Norwegen – zweite Woche

Nachdem wir die südlichste Spitze von Norwegen hinter uns gelassen hatten ging es für uns weiter an der Küste entlang. Wir suchten einen geeigneten Stellplatz, an dem wir noch das ein oder andere an Simba machen konnten. Mittlerweile suchen wir wieder viel über Park4Night, da hier in Norwegen das Angebot echt riesig ist und gefühlt jeder mögliche Platz auch in der App ist. Ziel war ein schöner, abgelegener Platz direkt am Meer. Die enge Straße führte uns fast fünf Kilometer am Meer entlang und war nicht ganz leicht zu fahren. Ständig mussten Lücken gesucht werden um sich an entgegenkommenden Fahrzeugen vorbei zu manövrieren. Als wir denn Platz dann nach einer gefühlten Ewigkeit erreicht hatten standen wir vor einem Schild: Dieser Platz ist gesperrt von … bis…. Natürlich auch heute. Also umdrehen und den ganzen Weg zurück. Ziemlich am Ende war noch ein Parkplatz, den wollten wir uns anschauen. Der Platz war groß und eben und direkt an den Sanddünen zum Meer, wäre da nicht diese laute, nervige Fabrik im Hintergrund. Also weiter. Der nächste angesteuerte Platz lag direkt am Ende einer Mole (ein Damm der ein Stück ins Meer ragt). Der Platz war herrlich, wäre da nicht dieser starke Wind. Und dann ziemlich ungeschützt, quasi mitten auf dem Meer? Micha wars zu heikel, nachdem die Wetterapp (Windy) auch noch mehr Wind voraussagte. Ich fands wunderschön, wollte nur noch ankommen und den Platz eigentlich nicht wieder verlassen, denn was soll schon sein, man könnte es ja mal testen. In solchen Fällen zählen dann schlüssige Argumente (wenn es wirklich richtig stark windet kommen wir nie mehr über den Damm an Land) zum Glück (oder auch leider) mehr als das Bauchgefühl und die schöne Lage.

Also weiter gings. Die Stimmung war im Keller, es war bereits Nachmittag und gegessen hatten wir auch noch nichts. Ich konnte und wollte den Rückzug immer noch nicht verstehen und Micha hatte einfach Hunger. Vielleicht sollten wir uns demnächst mal eine große Packung Snickers ins Auto legen. Also erstmal anhalten und essen. Denn das hilft bekanntlich immer. Und siehe da, mit jedem Bissen wurde die Stimmung wieder fröhlicher. Kurze Lagebesprechung und auf zum nächsten Platz einige Kilometer weiter und mehr im Landesinneren an einem See. Dort angekommen konnten wir es kaum fassen. Ein unglaublich schöner Platz, direkt an einem See der von Bergen umgegeben war und außer uns niemand. Manchmal lohnt sich das Weiterfahren dann doch. Erst mal Stühle raus und genießen nach diesem Tag. Etwas später kam noch ein anderes Wohnmobil stellte sich jedoch weit entfernt zu uns, also alles bestens. Dachten wir, bis dann spät am Abend noch zwei Busse kamen, die sich einfach dazwischen gequetscht haben. Und die Busse wären ja noch in Ordnung gewesen, hätten sie nicht diesen Inhalt hervorgebracht. Jeweils zwei Erwachsene und zwei Kinder. Ab da war es vorbei mit der Ruhe, ständig schreien die vier kleinen Kinder durcheinander und unser idyllischer Ort wurde zum Spielplatz. Augen bzw. Ohren zu und durch, die werden schon früh ins Bett gehen, dachten wir. Falsch gedacht, bis kurz vor Mitternacht war das Geschrei zu hören…

Am nächsten Tag kümmerte sich Micha um unser Bad, das immer noch nicht optimal war. An der Tür fehlte noch die Dichtung, was einfach klingt musste gut durchdacht sein und war etwas aufwendiger, denn am blanken Holz hielt die Dichtung nicht. Also erstmal aus Plexiglas einen Rahmen zaubern. Und da ich ihm bei dieser Arbeit nicht helfen konnte und Jackson Auslauf forderte, ging es für uns zur ersten richtigen Wanderung in Norwegen. Endlich wieder Berge, endlich wieder auspowern. Die Wanderung war gleich zu Beginn sehr fordernd. Über große Felsblöcke musste gekraxelt werden. Danach ging es moderat nach oben, über größere und kleinere Steine, festere und losere Untergründe. Eine Tour die es in sich hatte und volle Konzentration forderte. Oben angekommen wurde man von einem herrlichen Blick über den See und bis vor zum Meer belohnt. Jackson lief tapfer mit, auch wenn es für ihn bedeutete die ganze Zeit zu springen. Erst im Runter streikte er und wurde ein gutes Stück getragen. Zum Glück ist er ja nur ein Jack Russel und kein Labrador.

Unten angekommen war die Bad Türe vorbereitet und die nervige Bande verschwunden, perfekt. Den zweiten Abend hatten wir zwar auch Nachbarn die uns teilweise an ihren Gesprächen teilhaben liesen, wenigstens war das Geschrei vorbei. Tags drauf ging es dann endlich weiter. Diesmal stand die Wanderung zur Brufjell Höhle an. Am Parkplatz angekommen durfte Jackson heute „zu Hause“ bleiben und sich etwas ausruhen. Auch bei dieser Tour war schnell klar, es wird anspruchsvoll. Die Ausblicke entlang der Küste waren atemberaubend und mit dem Wetter hatten wir auch riesiges Glück. Immer wieder zeigte sich sogar die Sonne. Es war nicht allzu viel los, sodass wir die meiste Zeit die Tour ganz für uns genießen konnten. Das letzte Stück wurde dann nochmal richtig anspruchsvoll. Ein Klettersteig der durch Ketten und Steigbügeln im Felsen das Runterkommen erleichterte. Unten angekommen ging es noch ein gutes Stück den Felsen entlang bis wir endlich am Ziel waren. Die Brufjell Höhle. Eigentlich einfach ein kurzes Loch im Felsen, das an und für sich recht unspektakulär war. Doch wenn man sich davorsetzt und jemand von hinten ein Bild schießt ist es eine Wahnsinns Kulisse und lohnt sich definitiv. Schon allein der Weg ist ein Erlebnis.

Zurück bei Simba ging es jetzt wieder auf Stellplatzsuche. Am Ende eines Schotterweges soll ein toller Ort sein, sollte dieser belegt sein, gibt es auch neben der Straße verschiedene Möglichkeiten. Unsere Anforderungen heute waren gering, Hauptsache ein ruhiges Plätzchen. Die Plätze an der Straße waren bereits alle belegt, doch wie durch ein Wunder war der letzte, der allerschönste Platz, noch komplett leer. Mitten im Fjord am Ende einer Straße, weit weg von Nachbarn, hatten wir eine wundervolle Nacht.

Tags drauf kam dann der Regen. Und die nächsten Probleme an unserem „Haus“. Nach einer frischen Dusche wollte ich unbedingt die Haare föhnen, das erste Mal seit wir unterwegs waren. Kurz ging der Föhn noch an, dann wieder aus und nicht mehr an. Dann eben erst Mal was essen. Dann ist uns aufgefallen, auch der Kühlschrank funktioniert nicht mehr. Also raus in den Regen, Werkzeug holen und dem Problem auf den Grund gehen. Nach kurzer Zeit war klar, das Battery Protect System arbeitet nicht richtig. Wohl eine Montagsproduktion. Micha hat dann alles überbrückt und fürs Erste funktionierte dann alles wieder, zum Glück. Weiter gings, trotz Regen, Richtung Norden. Der erste Stopp war ein kurzer Fotostopp. Zwei kleine, ältere Häuschen die ganz unter einen Felsvorsprung gebaut wurden.

Endlich hatte es aufgehört zu regnen und wir schauten uns auch noch das alte Fischerdörfchen Sogndals an. Kleine Holzhäuschen in verschiedenen Farben gaben ein richtig schönes Fotomotiv. Anschließend war es Zeit für den nächsten Stellplatz. Nahe dem Örtchen Egersund wurden wir entlang einer Schotterstraße fündig. Für eine Nacht war es perfekt. Am nächsten Tag stand dann nur Organisatorisches an. In Egersund gab es kostenlose Waschmaschinen und Trockner, die konnten wir uns nicht entgehen lassen. Abends gings noch ein paar Kilometer weiter zu einem Parkplatz nahe einer alten Verteidigungsanlage aus dem zweiten Weltkrieg. Auf einem Hügel waren alte Tunnelanlagen und Bunker die wir natürlich genauestens besichtigt haben.

Für Micha ging es danach wieder an den Laptop, ich wollte unbedingt noch ans Meer runter. Bei starkem Wind und Regen machte ich mich auf den Weg. Nicht gerade das beste Wetter für einen Spaziergang, doch genau dieses raue, kalte, nordische machte gab diesem Moment auch den richtigen Charme. Ich ging einige hundert Meter am Sandstrand entlang und beobachtete die hohen Wellen die weiter draußen brachen. Dann veränderte sich der Strand. Im Sand waren mehrere große Felsen. Ich kletterte auf den höchsten und konnte von dort das wilde Meer noch besser beobachten. Plötzlich sah ich etwas Braunes, Großes zwischen den Wellen schwimmen. Erst dachte ich: vielleicht nur ein Holz. Aber nein, mein Holz tauchte wieder auf und auf den zweiten Blick war mir klar, das ist eine Robbe. Ich blieb noch eine ganze Weile und beobachtete das Tier. Immer wieder verschwand es im Wasser, tauchte aber kurz danach wieder auf. Für mich ein magischer Moment. Ganz allein an der Küste bei stürmischem Wetter und dann direkt vor mir diese Robbe. Genau sowas macht für mich das Reisen aus. Es sind nicht die Sehenswürdigkeiten die in jedem Reiseführer stehen und von zig Menschen angesteuert werden, sondern die Begegnungen mit Menschen, Tieren und der Natur die man ganz für sich allein erfährt und die im Herz berühren.

Weiter gings für uns dann zum berühmten Kjerag-Felsen, dazu aber mehr im nächsten Beitrag.

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